Augenentfernung und Augenprothesen

Augenprothesen sind Ersatzaugen, die nach einer Augenentfernung (durch Unfall oder Krankheit) aus kosmetischem Grund angefertigt werden. Für den nichtwissenden Betrachter sieht es aus, als hätte man zwei "sehende" Augen, wobei das künstliche Auge nicht sehen kann, wie ahnungslose Menschen oft glauben. Es erfüllt, wie gesagt, einen rein kosmetischen Zweck. Es gibt Kunststoff- und Glasaugen.

Vor dem Jahre 1993 kannte ich das Wort Augenprothese nicht. Für mich hatte Jemand (wie man im Volksmund sagt) ein Glasauge oder eben zwei. Als Kind erinnerte mich der Begriff Glasaugen an Stofftiere. Wenn ein Auge verloren ging, kaufte man ein Neues. Erst als mein rechtes Auge wegen des anhaltend viel zu hohen Augendruckes nicht mehr zu retten war, interessierte ich mich zum ersten Mal gezwungenermaßen für die Ersatzaugen.

Vor der Augenentfernung

Ich bekomme viele private E-Mails und lese auch in einem Glaukomforum, in welchem es die Rubirk "Augenprothetik" gibt. Genau wie ich haben fast alle Angst, manche richtiggehend Panik, sind unsicher und haben vor allem viele, viele Fragen. Weil man nicht weiß, was auf einen zukommt, nimmt man unschöne Augen und mitunter sogar Schmerzen in Kauf, weil man meint, damit immer noch besser klar zu kommen, als mit einer Augenprothese.

Mir ging es nicht anders. Mein rechtes Auge war seit Jahren durch viel zu hohen Augendruck und etliche Operationen blind geworden. Ich muss dazu sagen, ich hab den angeborenen grauen Star und infolge den grünen Star bekommen, der recht aggressiv war. Damals gab es auch noch nicht die Augentropfen und Operationsmöglichkeiten, die es heute gibt. Mein Auge war 1993 rot, wässrig, schielte, sah nichts mehr und schmerzte. Trotzdem schob und zog ich die Augenentfernung hinaus, so lange wie möglich. Heute denke ich, hätte ich den Eingriff nur schon weit früher machen lassen, dann wäre mir vermutlich viel erspart geblieben (Lasereingriffe, drei OPs und letztlich Augenentfernung). Ich versuchte, so viele Informationen wie möglich zu bekommen doch damals gab es kaum leistbare Privat-PCs und wenig Websites. Obwohl ich durch meine Eltern und den Besuch der Blindenschule einige Menschen mit Augenprothesen kannte, hatten die meisten sie bereits so lange, dass sie sich kaum an die Entfernung oder das "danach" erinnerten. Die Ärzte konnten mir auch nicht wirklich weiter helfen. Weil das Auge nur Probleme verursachte, blieb mir letztlich nichts anderes übrig, als es heraus nehmen lassen zu müssen.

Die Operation und "das danach"

Die Operation wird immer in Vollnaarkose durchgeführt. Je nachdem, welche Augenerkrankungen oder Unfälle vorliegen, kann ein Implantat eingesetzt werden, um welches die Augenmuskeln gespannt sind, damit sich die Augenprothese so gut wie möglich mitbewegt. Ganz tut sie das nicht, aber dazu später. Damit dieses Implantat nicht womöglich abgestoßen wird oder sich löst, bekam ich eine Zeitlang Kortisontabletten.

Als ich noch benommen von der Narkose im Aufwachraum aufwachte, war um meinen Kopf ein Druckverband, weil die Augenhöhle stark geblutet hatte. Mein erster Gedanke war, mir wurde das falsche Auge entfernt, ich konnte ja nichts sehen und bekam wegen der länger dauernden Narkose kein Wort heraus, auch wenn ich mich noch so bemühte, mich bemerkbar zu machen. Ich schreibe mein Erlebnis zwecks Information, damit Jeder Leser auf diese Möglichkeit vorbereitet ist und so eine Panik und Verzweiflung hoffentlich nie erlebt.
Dann hatte ich für einige Zeit einen Verband überm operierten Auge. Die Wimpern verklebten durch das Wundsekret und ich brachte sie kaum auseinander. Das ist immer so, wenn man an den Augen operiert wird. Die Schwestern wischen da zwar öfter mit einem feuchten Wattestäbchen rum weil selbst waschen soll man ja wegen der möglichen Infektionsgefahr nicht.
Nach einer Woche bekam ich eine Lochprothese. Das ist eine durchsichtige, kleine, relativ flache Prothese und soll verhindern, dass die Wunde zuheilt, bzw. die Augenhöhle zuwächst. Die Folge davon würde nämlich, dass keine richtige Augenprothese mehr rein passen/gehen würde. Das war sehr unangenehm, die Augenhöhle tat weh und tränte stark bzw. "sekretelte", wohl deshalb war ein Loch in der Prothese.
Anfangs sah ich auch sogenannte Phantombilder. Ich hörte von Phantomschmerzen, dass wenn einem ein Arm oder Bein abgenommen werden musste, man in diesem fehlenden Körperteil Schmerzen hat, obwohl nichts mehr da ist. Dass ich so intensive Farben und Lichter sah, irritierte mich sehr und ließ mich die ersten Nächte kaum schlafen. Das Kortison wurde reduziert, das Implantat blieb zum Glück, wo es hingehörte, nämlich in der Augenhöhle.
Nach ein paar Tagen wurde ich entlassen und lief fast vier Wochen mit dem Verband überm Auge rum. Für eine richtige Prothese war es noch zu früh, weil die Augenhöhle erst heilen musste.

Beim Augenprothetiker bzw. Augenkünstler

Für Glas:

Sind Sie das erste Mal dort, hält der Prothetiker mehrere passende Rohlinge - wie man noch nicht auf den Kunden angepasste Glaserzeugnisse nennt - neben Ihr vorhandenes Auge. Es sollen nach Fertigstellung ja so gut wie keine Farb- bzw. Größenunterschiede zu bemerken sein. Er macht alle Handgriffe selbst und erstaunlich finde ich, wie geschickt die zukünftige Augenprothese mit dem Mund geblasen wird. Er braucht für Anpassung und Herstellung eine gute Stunde Zeit. Sie können ihm wärend seiner Arbeit zusehen. Die finanzielle Seite wird meist durch die Krankenkassen gedeckt, mit einem Eigenkostenbeitrag müssen Sie aber rechnen.

Haben Sie Ihre Prothese im Auge, werden Sie die ersten drei bis vier Tage ein Fremdkörpergefühl empfinden, denn die Augenhöhle muss sich erst an die veränderte Situation gewöhnen. Es kann auch sein, dass Sie das Desinfektionsmittel nicht so gut vertragen, das jeder Prothetiker beim Einsetzen des Auges verwendet. Man reagiert darauf die ersten Tage mit häufigem Tränenfluss und womöglicher Eiterbildung. Das ist zwar nervig und störend, aber harmlos und vergeht ebenso nach ein paar Tagen.

Ffür Kunststoff

Sind Sie das erste Mal dort, hält auch dieser Prothetiker mehrere Rohlinge neben Ihr vorhandenes Auge. Ihr zukünftiges Auge wird handbemalt. Das dauert länger und Sie können in der Regel nicht darauf warten. Der Prothetiker wird Ihnen einen Termin nennen, an dem Sie Ihr fertiges Auge eingesetzt bekommen. Auch hier wird die Finanzierung (außer dem Eigenkostenbeitrag) durch die Krankenkasse gedeckt. Inwzwischen gibt es Prothetiker, die sowohl Kunststoff, als auch Glas anbieten.

Ich sammelte aus Interesse im Laufe der Jahre Erfahrungen, sowohl mit Glas als auch mit Kunststoff. Ich wollte wissen, welche

Unterschiede bzw. Vor- oder Nachteile

es gibt. Ich versuche hier nun, so gut wie möglich, Vergleiche anzustellen. Kompetente Beratung finden Sie allerdings ausschließlich in den verschiedenen Prothetikinstituten.

Kunststoff ist im Gegensatz zu Glas vom Material her leichter und fühlt sich in der Augenhöhle wärmer an. Kunststoff vermittelt auch den Eindruck, im Auge fester zu sitzen. Es ist so, weil man dieses Material vom Durchmesser her stärker herstellen kann, wodurch der Hohlraum zwischen Augenhöhle und Prothese geringer wird. Glas ist ein besserer Kälte- bzw. Wärmeleiter im Vergleich zu Kunststoff. Diesen Unterschied spüren aber nur empfindliche Augenumgebungen. Kunstoff kann man auch noch nach einigen Tagen ein bisschen verändern z.B.: Farbe, Größe, rote Äderchen.
Bei Glas kann man nur für kurze Zeit die Größe ändern bzw. rote Äderchen hinzufügen.
Glas ist zerbrechlich, Kunststoff nicht. Auf Glas hat man alle Jahre, auf Kunststoff alle zwei bis drei Jahre Anspruch. Bei Kunststoff empfiehlt sich alle Jahre eine Reinigung mittels Ultraschall und Politur beim Prothetiker, da das Material durch Ablagerungen im Auge sonst mitunter glanzloser wird und ein Unterschied zum anderen Auge entstehen kann.

Optisch sehen beide Modelle gleich aus. drei Glas- und eine Kunststoffprothese Wenn die Wölbung des Augapfels gut gelungen ist, die Farbe des Auges exakt zum anderen passt und auch der Blick (das heißt die Sehrichtung nach oben, unten, links, rechts) mit dem anderen Auge übereinstimmt, wird man kaum einen Unterschied zwischen Ihrem vorhandenen Auge und der Prothese erkennen. Man sieht Ihnen also nicht wirklich an, dass Sie ein "anderes" (künstliches) Auge haben. Das einzige was kein Prothetiker ändern kann ist:
- Das Ersatzauge wird stets tiefer in der Augenhöhle sitzen, da das gallertartige Umfeld bei der Operation mit entfernt werden muss, in die das Auge normalerweise eingebettet ist.
- Der Lidschluss – also das Öffnen und Schließen der Augen – funktioniert nicht mehr so wie vorher, weil die Muskeln teilweise entfernt werden müssen, da sie - wie die gallertartige Masse - mit dem Auge verbunden sind. Man kann das jedoch vor dem Spiegel üben, wenn man darauf Wert legt,wie zB ich.
- Das Ersatzauge kann sich aufgrund dieser fehlenden Muskeln auch nicht mehr so mitbewegen. Man schaut zwar nicht starr geradeaus, da der Arzt ein Implantat eingesetzt hat, dass die sich ansaugende Prothese etwas mitbewegt. Aber der Unterschied ist in diesem Falle sichtbar gegenüber dem noch vorhandenen Auge.

Der Tränenkanal bleibt erhalten, und leere Augenhöhlen, egal ob mit oder ohne Prothese, tränen leider vermehrt. Das ist sehr lästig, ist bei Glas und Kunststoff in etwa gleich, lässt sich aber nicht wirklich vermeiden. Man kann es jedoch mindern, wenn man die Prothese ab und an am Tag herausnimmt und sie kurz unter fließendem Wasser reinigt. Das Ersatzauge sitzt auch besser, wird es öfter gesäubert und beim Reingeben leicht angedrückt. Das klingt vielleicht für manchen Leser eklig oder umständlich, ist es aber nicht. Das Herausnehmen, Reinigen und Einsetzen des Auges geschieht mit wenigen Handgriffen, die man sehr schnell erlernt und die nur wenige Sekunden in Anspruch nehmen

Freilich sollte man das eigene Auge so lange wie möglich erhalten. Geht das aber auf Grund eines Unfalles oder einer Krankheit eben nicht, stürzt nicht die Welt ein, was man zu Anfang allerdings wirklich glaubt. Unsicherheit, Angst, Zweifel, das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl leiden eine Zeitlang schon sehr. Auch kommen Gedanken auf, dem Partner vielleicht nicht mehr so gut zu gefallen und weniger attraktiv zu sein. Dann kommt noch die Befürchtung dazu, der Lebensgefährte beibt nur aus Mitgefühl und Verantwortung bei einem. Echt furchtbar diese Selbstzweifel, aber sie werden weniger und vergehen mit der Zeit ganz.

Damit man zwischen den Augen noch weniger Unterschied sieht, begann ich mich zu schminken. Im sozusagen Blindflug erlernte ich mir, die Wimpern selbst zu färben. Mich stresste und nervte es, wenn das eine Frisöse tat, denn Niemand kennt meine Augen besser als ich. Bei Normalsehenden ist sicher kein Problem, wenn man sich von einem Profi die Wimpern färben lässt, aber bei meinen Augen mit der Prothese rechts und dem Ahmed links, vertraute ich nur mir selbst. Weil man ja beide Augen geschlossen haben muss, sieht man logischerweise nichts. Es bedarf viel Übung, mit einem kleinen Schminkpinsel die Farbe aufzutragen. Das beste Ergebnis erziehlt man, wenn man die schwarze Farbe ca 15 Minuten einwirken lässt. Dann tusche ich die Wimpern zweimal mit wasserfester Mascara. Der für mich positive Nebeneffekt ist der "Blendschutz", da ich durch - vor allem den fortgeschriettenen grünen Star - sehr blendempfindlich bin.

Damit man sieht, wie ich aussehe, folgen ein paar Fotos von verschiedenen Perspektiven.


Foto von mir Dieses Foto entstand kurz nachdem ich meine Augenprothese bekam, das war im September 1993. Damals hatte ich links noch kein Ahmed-Implantat. Rein optisch sieht man beim Geradeausschauen kaum einen Unterschied zwischen den beiden Augen.

Foto von mir Dieses Foto entstand im Juli 2009. Links habe ich seit 2005 mein Ahmed Ventil. Beim nach links schauen, sieht man auch kaum einen Unterschied.

Foto von mir Beim nach rechts schauen sieht man einen geringen Unterschied.

Foto von mir Beim nach oben schauen sieht man einen geringen Unterschied

Foto von mirBeim nach unten schauen bzw. mit geschlossenen Augen sieht man einen geringen Unterschied. Vor allem sieht man recht gut im linken Auge auf 11 Uhr (von mir aus gesehen) das Ahmed Ventil, das so aussieht und sich auch so anfühlt, wie eine kleine Kugel.

Weil ich immer wieder folgendes gefragt werde:
Wie nimmt man die Prothese raus
Wie reinigt man das Auge und die Augenhöhle
Wie gibt man die Prothese wieder rein
hab ich dazu ein Video erstellt. Link zum Video


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Letztes Update 22. Oktober 2017
© by Burgi Bänder, Wien